Um den Ursprungsort von Arrhythmien nichtinvasiv zu ermitteln, verwenden Ärztinnen und Ärzte meist das 12-Kanal-EKG. Eine neue Methode nutzt dafür ein einfaches Ultraschallgerät und einen Algorithmus – und ist in einer ersten Studie sogar zuverlässiger als das EKG.1
Alternative Taktgeber als Auslöser für Arrhythmien
Beim gesunden Menschen ist der Sinusknoten der Taktgeber des Herzens. Seine elektrischen Impulse werden über das kardiale Reizleitungssystem wellenartig über den ganzen Muskel verteilt. An den Myokardzellen angekommen führen sie zur Kontraktion. Bei Menschen mit Herzrhythmusstörungen ersetzen unter Umständen andere Taktgeber den Sinusknoten und die Wege der elektrischen Impulse haben sich verändert.2
Taktgeber durch die Herzbewegung identifizieren
Diese Art von Herzrhythmusstörungen kann durch die Zerstörung der alternativen Taktgeber mittels Ablation behoben werden. Um sie nichtinvasiv zu lokalisieren, setzen Ärzte meist ein 12-Kanal-Elektrokardiogramm (12-Kanal-EKG) ein.1 Allerdings kann auch die Analyse der Herzmuskelbewegung weiterhelfen: Durch die veränderte Taktung kommen die elektrischen Impulse zu anderen Zeiten in den verschiedenen Herzregionen an. Folglich ändern sich die Kontraktionsmuster des Herzens, was in der Echokardiografie durch die Verdickung und Verdünnung bestimmter Herzregionen sichtbar wird.2
Ein neuer Ansatz: Electromechanical Wave Imaging
Amerikanische Forscherinnen und Forscher haben darauf basierend einen Algorithmus entwickelt, der aus den verdickten und verdünnten Arealen die zeitliche Abfolge der kardialen Aktivierung rekonstruieren kann. Diese Methode wird als „Electromechanical Wave Imaging“, kurz EWI, bezeichnet.1
Erste Studiendaten zeigen Zuverlässigkeit von EWI
Bei einer Ablation wird üblicherweise direkt die Lokalisation des alternativen Taktgebers ermittelt. Eine der Ablation vorgeschaltete Untersuchung zur Einschätzung des genauen Ursprungsorts der Rhythmusstörung mittels EKG oder EWI kann wichtige Hinweise liefern und die Dauer des Eingriffs verkürzen.2
Um die Zuverlässigkeit des EWI-Ansatzes zu ermitteln, haben die Forscherinnen und Forscher eine doppelblinde, randomisierte Studie mit 55 Patienten mit verschiedenen Herzrhythmusstörungen (Vorhoftachykardien, Vorhofflattern, vorzeitige ventrikuläre Kontraktionen oder das Wolff-Parkinson-White-Syndrom) durchgeführt.1 Bei allen Teilnehmenden war eine Katheterablation geplant. Vor der Ablation wurden 12-Kanal-EKG und EWI durchgeführt und später bei der Ablation, wie üblich, direkt der alternative Taktgeber lokalisiert.2
Die Gegenüberstellung der Voraussagen des Arrhythmieursprungs mittels 12-Kanal-EKG und EWI ergab Folgendes:1
- Mit dem EWI-Ansatz gelang es in 96 % der Fälle, die Lokalisation korrekt vorherzusagen.
- Das EKG schaffte dies nur in 71 % der Fälle – der Unterschied zum EWI war damit statistisch signifikant.
- Die Odds Ratio (OR) betrug 11,8 (95%-Konfidenzintervall [KI] 2,2–63,2; p = 0,004), wenn nicht nach Art der Arrhythmie adjustiert wurde.
- Die OR hatte einen Wert von 12,1 (95%-KI 2,3–63,2; p = 0,003), wenn der Typ der Herzrhythmusstörung berücksichtigt wurde.
Langzeitstudien sollen robuste Daten liefern
Die Vorteile der EWI-Methode liegen darin, dass sie mit konventionellen Ultraschallgeräten vorgenommen werden kann und verhältnismäßig einfach in der Durchführung ist.2
Jedoch müssen Langzeitstudien erst noch zeigen, ob die EWI-Vorhersage tatsächlich zuverlässig dafür genutzt werden kann, Ablationen präzise auf einen Ort zu lokalisieren und Schäden im umgebenden Gewebe zu vermeiden.2
Quellen
- Grubb CS, Melki L, Wang DY et al. Noninvasive localization of cardiac arrhythmias using electromechanical wave imaging. Science Translational Medicine 2020; 12: eaax6111.
- Herzrhythmusstörungen: Ultraschall lokalisiert die Auslöser. Deutsches Ärzteblatt (2020); unter: https://www.aerzteblatt.de/fachgebiete/kardiologie/studien?s=&p=1&n=1&nid=111404 (abgerufen am 19.01.2023).
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