NOAKs versus VKAs: Gibt es Unterschiede beim COVID-19-Verlauf?
COVID-19-Patienten haben bekanntermaßen ein erhöhtes Thromboserisiko. Eine neue Studie untersucht, ob eine vorherige OAK-Therapie bei ambulanten Patienten einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat.
Die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) kann nachweislich endotheliale Dysfunktionen, Entzündungen und hyperkoagulierbare Zustände auslösen.¹ Das Thromboserisiko ist erhöht, und thromboembolische Komplikationen sind bei diesen Patienten relativ häufig – insbesondere bei denjenigen Patienten, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen. Wissenschaftler der Universität von Liverpool haben nun untersucht, ob eine vorherige Therapie mit oralen Antikoagulanzien (OAKs) bei ambulanten Patienten den Schweregrad und die klinischen Ergebnisse nach der COVID-19-Diagnose beeinflusst.1 Im Fokus stand der Vergleich von Vitamin-K-Antagonisten (VKAs) mit Nicht-VKA oralen Antikoagulanzien (NOAKs).
Konzentration auf ambulante COVID-19-Patienten
Die Datenerhebung erfolgte zwischen dem 20. Januar 2020 und dem 15. Februar 2021 über die globale Forschungsplattform TriNetX. Für diese Studie wurden anonymisierte elektronische Krankenakten hauptsächlich aus den Vereinigten Staaten von Amerika verwendet.¹
Die Einschlusskriterien lauteten wie folgt:¹
- Alter ≥ 18 Jahre
- ambulante Patienten mit COVID-19
- Vorliegen einer kardiometabolischen Erkrankung (Diabetes mellitus oder eine Erkrankung des Kreislaufsystems)
- Behandlung mit einem VKA oder NOAK zum Zeitpunkt der COVID-19-Diagnose
Zudem durften die Patienten im 1-Jahres-Zeitraum vor der COVID-19-Diagnose nicht im Krankenhaus behandelt worden sein, um sicherzustellen, dass sie stabile ambulante Patienten waren.
Patientencharakteristika und Methodik
Insgesamt wurden 2.275 Patienten eingeschlossen.¹ Das mittlere Alter lag bei 67,7 ± 12,8 Jahren und ein Anteil von 53,7 % war männlich. 648 erhielten zum Zeitpunkt der COVID-19-Diagnose eine VKA-Therapie und 1.627 NOAKs. Nach dem Propensity Score Matching verblieben 1.270 Patienten in der Studie (635 mit VKAs; 635 mit NOAKs).¹
Wirksamkeit und Sicherheit im Fokus
Alle Patienten wurden bis zu 30 Tage lang nach der COVID-19-Diagnose nachverfolgt.1 Die Endpunkte waren wie folgt definiert:
Primäre Endpunkte:¹
- Gesamtmortalität
- Notwendigkeit der Aufnahme in die Intensivstation oder einer mechanischen Beatmung
- Blutungsereignisse, wie intrakranielle Blutung (ICB) oder gastrointestinale Blutungen
- Komposit aus arteriellen oder venösen thrombotischen Ereignissen innerhalb von 30 Tagen nach der COVID-19-Diagnosestellung (z. B. Myokardinfarkt, arterielle Thrombose, venöse Thromboembolie (VTE), ischämischer Schlaganfall, transitorische ischämische Attacke (TIA) oder systemische Embolie (SE))
Sekundäre Endpunkte:¹
- Krankenhausaufnahme
- Myokardinfarkt
- VTE
- ischämischer Schlaganfall/TIA/SE
- Blutungen
NOAKs haben die Nase vorn
Das Risiko und das ereignisfreie 30-Tage-Überleben war bei NOAK- und VKA-Patienten ähnlich in Bezug auf
- die Gesamtmortalität,
- die Notwendigkeit einer Einweisung in die Intensivstation und
- ICBs/gastrointestinale Blutungen.¹
Das Risiko für ein arterielles oder venöses thrombotisches Ereignis war in der VKA-Kohorte jedoch um 43 % höher (Hazard Ratio: 1,43; 95%-Konfidenzintervall: 1,03–1,98; p = 0,029).¹
Fazit
Eine vorherige NOAK-Therapie bei ambulanten COVID-19-Patienten mit kardiometabolischen Vorerkrankungen ist den Autoren zufolge im Vergleich zu einer VKA-Therapie mit einem geringeren Risiko für arterielle oder venöse thrombotische Ereignisse verbunden, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen.¹
Quellen
- Rivera-Caravaca JM et al. Efficacy and safety of direct-acting oral anticoagulants compared to vitamin K antagonists in COVID-19 outpatients with cardiometabolic diseases. Cardiovasc Diabetol. 2021 Sep 4;20(1):176; unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34481513/ (abgerufen am 24.01.2022).
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