Blick durch die Lupe: Patientinnen und Patienten mit (sehr) hohem CV-Risiko
Im Lipidmanagement entscheidet das kardiovaskuläre (CV) Gesamtrisiko über die Intensität der präventiven Maßnahmen.1 Wie Sie Betroffene mit hohem und sehr hohem CV-Risiko ganz leicht erkennen können, erfahren Sie hier.
Wie würden Sie das kardiovaskuläre (CV) Risiko Ihrer Patientinnen und Patienten klassifizieren? Dieser Frage mussten sich Ärztinnen und Ärzte stellen, die Studienteilnehmende mit hohem und sehr hohem CV-Risiko in der aktuellen SANTORINI-Registerstudie betreuten, und sie kamen zu teils sehr unterschiedlichen Antworten.2
Die Mehrheit orientiert sich an europäischen Leitlinien
Die Analysen der SANTORINI-Daten für 2.086 Studienteilnehmende aus Deutschland zeigte, dass Fachärztinnen und Fachärzte für Kardiologie (71,5 % der Behandelnden) bzw. Spezialistinnen und Spezialisten für Diabetologie (13,4 %) und/oder Lipidologie (12,9 %) in über 50 % der Fälle die aktuellen ESC/EAS-Leitlinien als Entscheidungsgrundlage verwendeten. In 39,3 % der Fälle nutzten die Expertinnen und Experten ihre klinische Erfahrung zur Risikoklassifikation. Weitere 5,7 % der Behandelnden gaben an, nationale bzw. regionale Leitlinien als Basis zu nutzen. Die übrigen Betreuenden (1,8 %) verwendeten eine andere Grundlage, ohne diese für die Studie genauer zu spezifizieren.2
Egal auf welcher Grundlage Sie Ihre Patientinnen und Patienten mit hohem bzw. sehr hohem CV-Risiko klassifizieren: Ein Blick auf die kardiovaskulären Risikokategorien der EAS/ESC-Leitlinien schadet nicht und kann hilfreich für die CV-Risikoeinschätzung sein.
CV-Risikokategorie: hoch
Laut den aktuellen EAS/ESC-Leitlinien fallen in die CV-Risikokategorie „hohes Risiko“ folgende Personen:1
- Betroffene mit deutlich erhöhten einzelnen Risikofaktoren, besonders Gesamtcholesterin > 8 mmol/l (> 310 mg/dl), LDL-C > 4,9 mmol/l (> 190 mg/dl) oder Blutdruck ≥ 180/110 mmHg
- Patientinnen und Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie (FH) ohne weitere Hauptrisikofaktoren
- Betroffene mit Diabetes mellitus (DM) ohne Endorganschäden*, mit DM-Dauer ≥ 10 Jahre oder anderen zusätzlichen Risikofaktoren
- Menschen mit mittelschwerer chronischer Nierenerkrankung (CKD, eGFR 30–59 ml/min/1,73 m2)
- Menschen mit einem 10-Jahres-Risiko für eine tödliche CV-Erkrankung ≥ 5 % und < 10 %, berechnet mithilfe des Systematic-Coronary-Risk-Estimation(SCORE)-Systems. (Hier erfahren Sie mehr über SCORE und darüber, wie Sie das kardiovaskuläre Risikoprofil berechnen).
Um das Risiko für atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen (Atherosclerotic Cardiovascular Diseases; ASCVDs) zu senken, empfehlen die Leitlinienautorinnen und -autoren bei Betroffenen mit hohem Risiko eine LDL-C-Senkung um mindestens 50 % gegenüber dem Ausgangswerta und einen LDL-C-Zielwert < 1,8 mmol/l (< 70 mg/dl).1
CV-Risikokategorie: sehr hoch
Unter die Kategorie „sehr hohes CV-Risiko“ fallen folgende Personen:1
- Menschen mit einer klinischen oder durch einen eindeutigen Befund in der Bildgebung dokumentierten ASCVD. Dies umfasst die Anamnese eines akuten Koronarsyndroms(Myokardinfarkt oder instabile Angina pectoris), stabile Angina pectoris, koronare Revaskularisierung, Schlaganfall, eine transitorische ischämische Attacke oder periphere arterielle Erkrankungen sowie Befunde+, die sich als prädisponierend für klinische Ereignisse gezeigt haben.
- Patientinnen und Patienten mit DM mit Endorganschäden* oder mit ≥ 3 Hauptrisikofaktoren oder mit einem frühen Beginn eines Typ-1-Diabetes mellitus mit langer Krankheitsdauer (> 20 Jahre)
- Menschen mit schwerer CKD (eGFR < 30 ml/min/1,37 m2)
- Personen, deren berechneter SCORE bei ≥ 10 % für ein 10-Jahres-Risiko einer tödlichen CV-Erkrankung liegt
- Patientinnen und Patienten mit FH mit ASCVD oder mit anderen Hauptrisikofaktoren
Für Patientinnen und Patienten mit sehr hohem Risiko empfehlen die Autorinnen und Autoren eine LDL-C-Senkung ≥ 50 % gegenüber dem Ausgangswerta und einen LDL-C-Zielwert < 1,4 mmol/l (< 55 mg/dl). Bei Patientinnen und Patienten mit ASCVD, bei denen innerhalb von 2 Jahren ein zweites vaskuläres Ereignis (nicht unbedingt derselben Art wie das erste Ereignis) auftritt, obwohl sie die maximal verträgliche Statintherapie erhalten haben, kann sogar ein LDL-C-Zielwert von < 1,0 mmol/l (< 40 mg/dl) erwogen werden.1
Good to know: koronare Herzerkrankung
Die koronare Herzerkrankung (KHK) ist eine chronische Krankheit, bei der eine Arteriosklerose zu einer zunehmenden Verengung der Herzkranzgefäße führt. Das häufigste Symptom ist im fortgeschrittenen Stadium die Angina pectoris.3 Als häufige Komplikationen gelten Herzinfarkte, Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen. Laut dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung ist die KHK die häufigste Todesursache in Deutschland.4 Betroffene fallen nach der CV-Risikoklassifizierung der aktuellen ESC/EAS-Leitlinien immer in die Kategorie „sehr hohes Risiko“.
Daher gilt: bei Ihren KHK-Patientinnen und -Patienten unbedingt auf LDL-C-Werte achten und orale Medikationen ausschöpfen.
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