COVID-19-Impfung: für Herzpatienten besonders wichtig
Einer aktuellen Studie zufolge gibt es einen Zusammenhang zwischen einem früheren Schlaganfall und der Sterblichkeit nach einer SARS-CoV-2-Infektion. Dabei spielen das Alter und der Schlaganfalltyp eine entscheidende Rolle.
Das Wichtigste in Kürze
In der betrachteten COVID-19-Population in Katalonien war ein früherer Schlaganfall mit einer höheren Sterblichkeit bei Personen unter 80 Jahren assoziiert.1 Bei einer Differenzierung nach dem Schlaganfalltyp blieb dieser Zusammenhang für ischämische und hämorrhagische Schlaganfälle bestehen, nicht aber für transitorische ischämische Attacken. Vorherige Subarachnoidalblutungen beeinflussten nur die Sterblichkeit der unter 60-jährigen COVID-19-Patienten.1
Schon im November 2021 hat die Deutsche Herzstiftung Herz-Kreislauf-Patienten dringend zu einer COVID-19-Impfung oder Auffrischimpfung („Booster“) geraten.2 Als Grund wurde angeführt, dass Patienten mit Herz- und Kreislauferkrankungen sowie ältere Patienten zum besonders gefährdeten Personenkreis mit einem höheren Risiko für schwere COVID-19-Krankheitsverläufe zählen.2
Weitere Informationen für Herzpatienten zur COVID-19- und Boosterimpfung finden Sie hier:
Impfung gegen COVID-19: Fragen und Antworten
Kurz darauf wurde in der Fachzeitschrift Stroke eine Studie veröffentlicht, die die Dringlichkeit einer Impfung von Herz-Kreislauf-Patienten weiter untermauert.1
Risikofaktoren für erhöhte COVID-19-Mortalität
Ein hohes Alter und das männliche Geschlecht sind 2 entscheidende Risikofaktoren für eine erhöhte COVID-19-Mortalität.1 Beide Faktoren sind außerdem mit der Schlaganfallprävalenz verbunden. Die Studienautoren wollten herausfinden, ob ein früherer Schlaganfall ein unabhängiger Risikofaktor für die Sterblichkeit nach einer COVID-19-Erkrankung ist. Im Fokus ihrer Studie standen Unterschiede zwischen den Geschlechtern, Altersgruppen und Schlaganfallsubtypen.1
Analyse von über 90.000 COVID-19-Fällen
Die bevölkerungsbezogene, prospektive Kohortenstudie umfasst die Daten aller COVID-19-Fälle in der nordspanischen Region Katalonien (symptomatisch und asymptomatisch) mit beliebigem Schweregrad (ambulant und stationär), extrahiert aus dem regionalen epidemiologischen Überwachungsregister für SARS-CoV-2-Infektionen. Die Informationen zu Komorbiditäten und Sterblichkeit stammen aus verknüpften Datenbanken der Gesundheitsverwaltung.1 Weitere Studieneckpunkte sind:1
- Zeitraum: 1. Februar 2020 bis 31. Juli 2020
- Nachverfolgung: bis 31. Dezember 2020
- primärer Endpunkt: Sterblichkeit jeglicher Ursache nach COVID-19-Positivität
- Auswertung: Cox-proportionale Regressionsanalyse, bereinigt um Komorbiditäten sowie stratifizierte Analysen für Geschlecht und Alter (< 60, 60–79 und ≥ 80 Jahre)
Schlaganfall erhöht COVID-19-Sterblichkeit
Unter den 91.629 COVID-19-Patienten gab es 9.512 Todesfälle (10,38 %). Das Durchschnittsalter der Kohorte lag bei 55 Jahren. 58,5 % waren Frauen. Die Anzahl der vorangegangenen Schlaganfälle lag bei 5.752 (6,27 %).1
Davon waren
- 67,57 % (3.887) ischämische Schlaganfälle,
- 21,50 % (1.237) transitorische ischämische Attacken (TIAs),
- 4,43 % (255) kombinierte Schlaganfälle (zugehörig zu mehr als einer Kategorie),
- 3,53 % (203) hämorrhagische Schlaganfälle und
- 2,96 % (170) Subarachnoidalblutungen (SABs).1
Im Allgemeinen waren die Patienten mit einem früheren Schlaganfall älter und wiesen eine höhere Prävalenz aller vaskulären Risikofaktoren und Komorbiditäten auf als die COVID-19-Patienten ohne vorherigen Schlaganfall.
Die COVID-19-Sterblichkeit war in dieser Kohorte mit einem früheren Schlaganfall assoziiert (Hazard Ratio [HR]: 1,12; 95%-Konfidenzintervall[KI]: 1,06–1,18; p < 0,001), wobei dieser Effekt bei Männern stärker ausgeprägt war als bei Frauen (HR [Männer]: 1,13; 95%-KI: 1,05–1,22; p = 0,001 versus HR [Frauen]: 1,09; 95%-KI: 1,01–1,18; p = 0,023).1
Schlaganfalltyp entscheidend
Die Analyse belegte einen Zusammenhang mit einer erhöhten COVID-19-Mortalität sowohl für ischämische als auch für hämorrhagische Schlaganfälle, nicht aber für TIAs und SABs:1
- HR für ischämische Schlaganfälle: 1,11; 95%-KI: 1,05–1,18, p = 0,001
- HR für hämorrhagische Schlaganfälle: 1,53; 95%-KI: 1,20–1,96, p = 0,001
- HR für kombinierte Schlaganfälle: 1,31; 95%-KI: 1,05–1,63, p = 0,016
- HR für TIAs: 1,02; 95%-KI: 0,91–1,14; p = 0,759
- HR für SABs: 1,27; 95%-KI: 0,94–1,72, p = 0,123
Im Gegensatz zu der Gesamtpopulation gab es in der Altersklasse unter 60 Jahren eine Korrelation zwischen einer früher aufgetretenen SAB und der COVID-19-Sterblichkeit (HR: 5,73; 95%-KI: 1,82–18,06; p = 0,003).1
Menschen unter 80 Jahren besonders betroffen
Das COVID-19-Mortalitätsrisiko war bei Personen mit einem früheren Schlaganfall in der Altersgruppe unter 60 Jahren besonders hoch (HR: 2,97; 95% – KI: 1,97–4,48; p < 0,001). Ebenfalls erhöht war es bei den 60- bis 79- Jährigen (HR: 1,32; 95%-KI: 1,19–1,48, p < 0,001), nicht aber bei Personen ≥ 80 Jahre (HR: 1,02; 95%-KI: 0,96–1,09, p = 0,437).1
Fazit
Die Verwendung von Daten aus Bevölkerungsstudien dieser Art können den Autoren zufolge den Gesundheitsbehörden helfen, die Risikostratifizierung und die Umsetzung von Strategien zur Priorisierung für die COVID-19-Impfung zu erleichtern.
Quellen
- Lazcano U et al. Increased COVID-19 Mortality in People With Previous Cerebrovascular Disease: A Population-Based Cohort Study. Stroke 2021: Strokeaha121036257; unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34781706/ (abgerufen am 24.11.2021).
- Deutsche Herzstiftung e. V. Coronakrise: Herzkranke sollten gegen Covid-19 geimpft oder geboostert sein. Pressemeldung vom 15. November 2021; unter https://www.herzstiftung.de/service-und-aktuelles/presse/pressemitteilungen/vierte-corona-welle-impfung (abgerufen am 23.11.2021).
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