Katheterablation: Gibt es höhere Komplikationsraten als bislang vermutet?
Eine Katheterablation bei Herzrhythmusstörungen könnte im Praxisalltag ein höheres Komplikationsrisiko bergen, als Studien es bislang nahelegen. Dies geht aus deutschen Real-World-Daten hervor.
klinische Nutzen die Risiken der Katheterablation deutlich überwiegt. Laut Fachliteratur stehen einer Erfolgsquote von über 70 %1 niedrige Komplikationsraten zwischen 1 und 8 % gegenüber.2–4
Ein Blick auf alle Katheterablationen, die im Jahr 2014 in deutschen Krankenhäusern durchgeführt wurden, zeigt jedoch: Die tatsächlichen Risiken des Eingriffs im Real-World-Szenario werden möglicherweise unterschätzt. 5
Rechtsatriale Ablation besonders risikobehaftet
Seit der Einführung der diagnosebezogenen Fallgruppen (Diagnosis Related Groups, DRG) sind deutsche Kliniken dazu verpflichtet, Diagnosen, durchgeführte Interventionen und dokumentierte Komplikationen verschlüsselt an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zu übermitteln. Steinbeck und Kollegen haben anhand dieser Daten ausgewertet, wie hoch die Komplikationsrate bei allen im Jahr 2014 durchgeführten Ablationen von Vorhofflimmern oder Vorhofflattern war. In ihrer Analyse berücksichtigten sie Gesundheitsdaten von über 30.000 Patienten. Diese wurden anhand der gewählten Ablationsmethode in folgende Subgruppen eingeteilt:5
- Gruppe 1: Pulmonalvenenisolation [PVI] und/oder linksatriale Ablation [LA] mit Kryoenergie (Kryoablation)
- Gruppe 2: isolierte PVI (Kryoablationen ausgenommen)
- Gruppe 3: sonstige LA (Kryoablationen ausgenommen)
- Gruppe 4: PVI und/oder LA in Kombination mit einer rechtsatrialen Ablation (RA) (Kryoablationen ausgenommen)
- Gruppe 5: isolierte rechtsatriale Ablation (alle Energiequellen berücksichtigt)
Die Studie kommt zu folgenden Ergebnissen:
- Ablationen im Bereich des linken Vorhofs (Gruppen 1–4) gingen mit einer Komplikationsrate zwischen 11,7 % (Gruppe 2) und 13,8 % (Gruppe 3) einher. Die mittlere Rate schwerwiegender Komplikationen lag innerhalb dieser vier Gruppen bei 5,1 %. Das höchste Risiko für Komplikationen (sowohl insgesamt als auch in Bezug auf schwere Komplikationen) besaßen Patienten in Gruppe 3 (LA ohne Kryoenergie).5
- Bei Ablationen im Bereich des linken Vorhofs kam es am häufigsten zu Blutungen, Hämatomen, Schockzuständen, Infektionen und vaskulären Komplikationen (zusammengefasst als „Komplikationen an der Eingriffsstelle“, Risiko 7,1 %). Seltener traten Perikardergüsse (3,5 %), Pneumonien (0,8 %), Schlaganfälle (0,6 %) und ein AV-Block 3. Grades (0,3 %) auf.5
- 18 von 19.514 Patienten (0,09 %), die sich einer Ablation im Bereich des linken Vorhofs unterzogen hatten (Gruppen 1–4), verstarben während des Klinikaufenthalts.5
- Zwar schnitten Eingriffe am rechten Vorhof im Vergleich zu linksatrialen Ablationen in Bezug auf die allgemeine Komplikationsrate besser ab (10,5 % versus 12,6 %, p < 0,001). Schwere Komplikationen (7,4 % versus 5,1 %; p < 0,001) und Todesfälle (0,34 % versus 0,09 %, p < 0,001) waren dagegen bei isolierten rechtsatrialen Ablationen signifikant häufiger.5
- Die
höhere Rate an schwerwiegenden und tödlichen Komplikationen in der
RA-Kohorte lässt sich möglicherweise dadurch erklären, dass diese
Patienten
- im Mittel 3,9 Jahre älter waren,
- häufiger Begleiterkrankungen wie Diabetes, Aortenstenosen oder chronische Nierenerkrankungen hatten und
- durchschnittlich auf einen längeren Krankenhausaufenthalt angewiesen waren als mit einer LA versorgte Patienten.5
Erfahrung der Ärzte beeinflusst Komplikationsrisiko
Die Anzahl der durchgeführten LA pro Klinik und Jahr hatte einen entscheidenden Einfluss auf das Komplikationsrisiko. Kliniken mit mehr als 100 LA-Eingriffen im Jahr schnitten bei den allgemeinen Komplikationsraten deutlich besser ab als Kliniken mit weniger Ablationen (mittlere Komplikationsrate: 12,7 % versus 16,4 %, p = 0,002). Auf die Komplikationsrate von rechtsatrialen Ablationen hatte die Erfahrung der Klinikärzte dagegen keinen Einfluss. 5
Quellen: 1. Arbelo E, Brugada J, Blomström-Lundqvist C et al. Contemporary management of patients undergoing atrial fibrillation ablation: in-hospital and 1-year follow-up findings from the ESC-EHRA atrial fibrillation ablation long-term registry. European Heart Journal 2017; 38: 1303-1316. http://dx.doi.org/10.1093/eurheartj/ehw564 2. Cappato R, Calkins H, Chen SA et al. Worldwide survey on the methods, efficacy, and safety of catheter ablation for human atrial fibrillation. Circulation 2005; 111: 1100-1105. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15723973 3. Bertaglia E, Zoppo F, Tondo C et al. Early complications of pulmonary vein catheter ablation for atrial fibrillation: a multicenter prospective registry on procedural safety. Heart Rhythm 2007; 4: 1265-1271. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17905330 4. Calkins H, Hindricks G, Cappato R et al. 2017 HRS/EHRA/ECAS/APHRS/SOLAECE expert consensus statement on catheter and surgical ablation of atrial fibrillation: Executive summary. Europace 2018; 20: 157-208. 5. Steinbeck G, Sinner MF, Lutz M et al. Incidence of complications related to catheter ablation of atrial fibrillation and atrial flutter: a nationwide in-hospital analysis of administrative data for Germany in 2014. Eur Heart J 2018; 39: 4020-4029. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30085086 Bildquelle: © AdobeStock.com/Horacio Selva