Immer mehr Menschen informieren sich im Internet zu Gesundheitsthemen. Das kann auch das Arzt-Patienten-Verhältnis beeinflussen, wie eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung zeigt. Wichtig ist daher eine große Offenheit im Umgang mit diesem Thema.
Viele Menschen in Deutschland informieren sich regelmäßig im Internet über Gesundheitsthemen. Die Hälfte aller deutschen User macht dies mindestens einmal im Monat, 16 % sogar mindestens einmal pro Woche. Diese Zahlen gehen aus einer Studie der Bertelsmann Stiftung hervor.1, 3
Vielfältige Motive für Internetrecherche
Den Ergebnissen dieser Studie zufolge nutzen die User die Internetrecherche unter anderem, um
- ärztliche Empfehlungen besser zu verstehen oder zu überprüfen,
- weitere Therapiemöglichkeiten zu finden und
- Arzttermine vorzubereiten.3
Neben harten Fakten suchen viele Patienten im Internet aber auch Trost, Zuspruch, Beruhigung oder Zerstreuung – insbesondere nach einer schweren Diagnose, so die Studie.1
Genutzte Internetquellen
Nach ihren eigenen Angaben nutzten die User dabei vor allem Onlinelexika, Webseiten der Krankenkassen, Gesundheitsportale sowie die Internetauftritte von Ärzten, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.1 Dabei ist es für die meisten User aber schwer zu erkennen, welche Informationen vertrauenswürdig sind.3 Dennoch vertrauen sie den Suchergebnissen und Rankings der Suchmaschinen „quasi bedingungslos“, so die Studienmacher. Die gefundenen Quellen einer Information würden selten hinterfragt – egal, ob die gefundenen Onlineinformationen wissenschaftlich belegt oder werbefinanziert sind.1
Auswirkungen auf Arzt-Patienten-Verhältnis
Deutlich wurde in der Studie aber vor allem auch, dass es in der Beziehung zwischen Arzt und Patient mitunter an Vertrauen mangelt.1 Die Onlinerecherche der Patienten könne dieses Verhältnis zusätzlich beeinflussen, so die Autoren.1
So habe etwa die Angst vor einer falschen Behandlung oder unverständliche Erklärungen zu der Internetrecherche geführt.1 Das gestörte Vertrauensverhältnis zeige sich aber auch darin, dass rund ein Drittel der Patienten die Internetrecherche dem Arzt schon mal verschwiegen hat. 62 % davon hätten strategisch agiert und erst einmal die Reaktion des Arztes abwarten wollen. Ein Viertel von ihnen habe befürchtet, der Arzt könnte sich über ihre Eigeninitiative ärgern und sie als schwierige Patienten einstufen. 24 % wollten als kompetenter Gesprächspartner auftreten.1, 3
Reaktionen der Ärzte auf Internetrecherche
Dabei müssen die Patienten in der Regel nicht fürchten, dass ihr Arzt sich über die Eigenrecherche ausdrücklich ärgert. Vielmehr haben viele Ärzte die Bedeutung von Dr. Google für ihre Patienten bereits erkannt. Das zeigt auch ein Vergleich der Patientenbefragung mit einer im Jahr 2015 durchgeführten Befragung von Ärzten (siehe Abb. 1).1
Abb. 1: Ärztliche Reaktion auf Selbstinformation – Ärzte- und Patientensicht im Vergleich. Modifiziert nach: Bertelsmann Stiftung.1
Ärztliche Unterstützung der Selbstinformation
Interessant ist auch, dass der Umgang mit der Selbstinformation von den Patienten und den Ärzten zum Teil höchst unterschiedlich wahrgenommen wird (siehe Abb. 2).
Abb. 2: Ärztliche Unterstützung der Infosuche – Ärzte- und Patientensicht im Vergleich. Modifiziert nach Bertelsmann Stiftung1
Tipps für den Praxisalltag
Nach Angabe der Autoren zeigt die Untersuchung, dass Patienten sehr unterschiedliche und oft gute Gründe haben, sich selbst zu informieren. Dies werde zwar von immer mehr Ärzten anerkannt, aber noch nicht genügend wertgeschätzt.1 Dabei würden auch die Ärzte von gut informierten Patienten profitieren – etwa hinsichtlich der Patientenzufriedenheit, der Therapietreue und guter Behandlungsergebnisse.1
Um die Potenziale von Gesundheitsinformationen im Netz besser für gute Behandlungsergebnisse zu nutzen, empfehlen die Studienmacher den Ärzten unter anderem,
- ihre Patienten darin zu bestärken, sich selbst zu informieren,
- ihren Patienten verlässliche Informationen an die Hand zu geben oder entsprechende Onlinequellen zu empfehlen und
- ihre Patienten zu ermutigen, Fragen zu stellen und die Ergebnisse ihrer Informationssuche mitzuteilen.1, 2
Die hier dargestellten Studienergebnisse wurden in der Publikation „Spotlight Gesundheit“ zusammengefasst. Diese können Sie auf der Webseite der Bertelsmann Stiftung als PDF herunterladen.
Gesundheitsinfos: Wer suchet, der findet – Patienten mit Dr. Google zufrieden
Immer mehr Menschen suchen im Internet nach Gesundheitsinformationen und finden Antworten von Krankenkassen und Versicherungen oder auch von Bloggern und YouTubern. Informieren Sie sich jetzt.
Webseiten mit laienverständlichen und industrieunabhängigen Gesundheitsinformationen
- patienten-information.de
Nach Schlagworten oder Körperregionen geordnete Informationen zu vielen Krankheiten sowie Patientenleitlinien für die wichtigsten Volkskrankheiten (Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV)).
- gesundheitsinformation.de
Informationen über Krankheiten sowie allgemeine Gesundheitsinformationen nach Schlagworten (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, IQWIG).
- psychenet.de
Informationen zu psychischen Erkrankungen (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. und das Institut für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf).
- www.rki.de
Informationen über Infektionskrankheiten und deren Verbreitungsgrad in Deutschland (Robert-Koch-Institut in Berlin).
Quellen:
- SPOTLIGHT Gesundheit: Gesundheitsinfos. Wer suchet, der findet – Patienten mit Dr. Google zufrieden. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.). 1 Auflage 2018. Online verfügbar unter: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/VV_SpotGes_Gesundheitsinfos_final.pdf (abgerufen am 10.03.2021)
- Patienten schätzen „Dr. Googles“ Vielseitigkeit. Pressemeldung der Bertelsmann Stiftung, 26.01.2018. Online verfügbar unter: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/pid/patienten-schaetzen-dr-googles-vielseitigkeit/ (abgerufen am 10.03.2021)
- Das Internet: Auch Ihr Ratgeber für Gesundheitsfragen? Bevölkerungsumfrage zur Suche von Gesundheitsinformationen im Internet und zur Reaktion der Ärzte. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.). 1. Auflage 2018. Online verfügbar unter: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/das-internet-auch-ihr-ratgeber-fuer-gesundheitsfragen/ (abgerufen am 10.03.2021)
Bildquelle: Adobe Stock #15722316; Urheber: K.-U. Häßler