Verbindung zwischen Herz und Psyche: Wie sich Depressionen und Vorhofflimmern gegenseitig beeinflussen
Immer mehr Menschen in Deutschland leiden an einer Depression.1 Doch was bedeutet das für Patient:innen mit Vorhofflimmern? Erfahren Sie hier, welche Risiken bestehen und wie Sie betroffene Patient:innen bestmöglich unterstützen können.
Stress und andere psychische Faktoren führen zur Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol, was eine Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdrucks bewirkt. Kurzfristig kann dies die Leistungsfähigkeit des Körpers steigern und stellt für gesunde Personen in der Regel kein Problem dar. Wenn jedoch der Stresshormonhaushalt über einen längeren Zeitraum aus dem Gleichgewicht gerät, kann dies negative Auswirkungen wie beispielsweise chronischen Bluthochdruck mit sich bringen. Dadurch steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.3 Das Fachgebiet der Psychokardiologie untersucht den wechselseitigen Zusammenhang zwischen Herzerkrankungen und psychischen Faktoren.2
Laut den aktuellen Zahlen des Gesundheitsatlas Deutschland zum Thema Depression vom Wissenschaftlichen Institut der AOK waren im Jahr 2023 12,12 % der deutschen Bevölkerung an Depressionen erkrankt. Das waren mehr als 9,2 Millionen Menschen deutschlandweit.1 Der Anteil erkrankter Menschen (1-Jahres-Prävalenz) stieg von 2018 bis 2022 kontinuierlich an, hatte 2022 seinen Höchststand und flachte dann im Jahr 2023 wieder leicht ab. Einen Anteil an dieser Entwicklung hatten auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit.4 Patient:innen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden im Vergleich zu gesunden Menschen häufiger unter Depressionen und psychischen Belastungen.5 Da Vorhofflimmern (VHF) oft mit einer Einschränkung der Lebensqualität einhergeht, können Angst, Stress und Depressionen bei den Patient:innen sowohl als Folgeerscheinung des VHFs auftreten als auch Flimmerepisoden begünstigen.2
VHF-Symptome und depressive Verstimmung stehen in einem reziproken Zusammenhang
Eine prospektive Studie analysierte den möglichen Zusammenhang zwischen depressiver Stimmung und der Belastung durch VHF-Symptome bei insgesamt 563 Patient:innen. Zu Studienbeginn litten 52,2 % davon an schweren VHF-Symptomen und 35,2 % an depressiven Verstimmungen. Bei Letzteren war die Belastung durch die VHF-Symptome 3-mal so hoch wie bei VHF-Patient:innen, die nicht an einer depressiven Verstimmung litten (Odds Ratio [OR]: 3,19, 95-%-Konfidenzintervall [KI]: 2,65–8,45). Im Verlauf eines 6-monatigen Follow-ups zeigte sich, dass Patient:innen, deren depressive Stimmung sich messbar besserte, auch weniger an VHF-Symptomen litten (OR: 2,06, 95-%-KI: 1,22–3,51). Damit korrelierend verschlechterten sich die VHF-Symptome bei den Patient:innen, deren depressive Verstimmung sich im Laufe der Studie verstärkte (OR: 3,14, 95-%-KI: 1,45–6,83).6
Depressionen erhöhen das VHF-Risiko
Eine Metaanalyse untersuchte den Zusammenhang zwischen Depressionen und VHF anhand von 9 ausgewählten Studien. Dabei wurde festgestellt, dass Depressionen oder depressive Symptome das Risiko für VHF signifikant erhöhen können (Risk Ratio [RR]: 1,15, 95-%-KI: 1,03–1,27, p < 0,01). 5 der 9 ausgewählten Studien behandelten auch den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antidepressiva und dem VHF-Risiko. Hier zeigte sich, dass das VHF-Risiko auch bei der Patient:innenpopulation erhöht war, die auf Grund von Depressionen Medikamente einnahm (RR: 1,16, 95-%-KI: 1,07–1,25, p < 0,001).7
Können alternative Therapien bei VHF helfen?
Alternative Therapien können die Schulmedizin bei der Behandlung von VHF unterstützen, indem sie psychischen Stress, Angst und Depressionen vorbeugen und lindern.2 So wirken sich beispielsweise Yoga oder Entspannungsübungen positiv auf VHF-Belastungen aus, lindern gleichzeitig Angstzustände und depressive Verstimmungen und verbessern den Pulsschlag sowie den Blutdruck.2, 8 Darüber hinaus kann Yoga auch schwere Depressionen positiv beeinflussen, sofern es mit Atemübungen verbunden wird, die das parasympathische Nervensystem aktivieren sollen.9 Auch eine leichte Stimulation des Vagusnervs, die sogenannte Low-Level-Vagusnerv-Stimulation (LLVNS), kann die Induzierbarkeit und die Dauer des VHFs signifikant vermindern.8
Praktische Empfehlungen
Um bei Patient:innen, die mit VKAs antikoaguliert werden, die Sicherheit der Behandlung während des Ramadan zu erhöhen, sollten Sie folgende Tipps beachten:
- Kontrollieren Sie die INR vor Beginn der Fastenzeit und regelmäßig während des Fastens.3
- Falls Patient:innen dies wünschen oder es Probleme mit VKAs gibt, sollten Sie eine Umstellung auf DOACs vornehmen.
Zur effektiven Behandlung von VHF sollte ein ganzheitlicher Behandlungsansatz herangezogen werden. Neben ausreichender körperlicher Aktivität und gesunder Ernährung sollten psychische Begleiterkrankungen wie Ängste, Depressionen und Erschöpfungszustände therapiert werden. Dafür eignen sich Gesprächstherapien mit Psychotherapeut:innen und Entspannungsübungen wie Atemübungen, progressive Muskelentspannung oder autogenes Training. Im Einzelfall kann auch eine regelmäßige psychotherapeutische Behandlung infrage kommen.2
Quellen:
- Wissenschaftliches Institut der AOK. Gesundheitsatlas Deutschland „Depressionen“. (2022); unter: https://gesundheitsatlas-deutschland.de/erkrankung/depressionen?activeValueType=praevalence&activeLayerType=state (abgerufen am 15.04.2025).
- Jana Baumgärtner. Ängste, Stress, Depressionen: Welchen Einfluss hat die Psyche auf Vorhofflimmern? (Mai 2024); unter: https://herzmedizin.de/fuer-patienten-und-interessierte/leben-mit-herzproblemen/vorhofflimmern-symptome-stress-psyche.html (abgerufen am: 15.04.2025).
- AOK Gesundheitsmagazin. Psyche und Beschwerden mit dem Herzen – wie hängt das zusammen? (Oktober 2024); unter: https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/psychologie/psyche-und-herzbeschwerden-wie-haengt-das-zusammen/ (abgerufen am 15.04.2025).
- Schwinger M, Trautner M, Kärchner H et al. Psychological Impact of Corona Lockdown in Germany: Changes in Need Satisfaction, Well-Being, Anxiety, and Depression. Int J Environ Res Public Health 2020;17:1–11.
- Ahrens, Sandra. Warum die KHK Depressionen und Ängste auslösen kann – und wie man gegensteuert. (April 2025): unter: https://herzmedizin.de/fuer-patienten-und-interessierte/leben-mit-herzproblemen/koronare-herzkrankheiten-depressionen.html (abgerufen am 08.05.2025).
- von Eisenhart Rothe A, Hutt F, Baumert J et al. Depressed mood amplifies heart-related symptoms in persistent and paroxysmal atrial fibrillation patients: a longitudinal analysis—data from the German Competence Network on Atrial Fibrillation. EP Europace 2015;17:1354–1362.
- Fu Y, Feng S, Xu Y et al. Association of Depression, Antidepressants With Atrial Fibrillation Risk: A Systemic Review and Meta-Analysis. Front Cardiovasc Med 2022;9:897622.
- Ladwig K-H, Goette A, Atasoy S et al. Psychological aspects of atrial fibrillation: A systematic narrative review. Current Cardiology Reports 2020;22:137.
- Deutsches Ärzteblatt. Yoga und kontrollierte Atmung lindern Depression in Studie. (2017); unter: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/73630/Yoga-und-kontrollierte-Atmung-lindern-Depression-in-Studie (abgerufen am 10.04.2025).