Per Smartwatch zur Diagnose Vorhofflimmern?
Das sogenannte Kardia-Band – ein Uhrenarmband als Zubehör zur Apple-Watch – kann über eine Smartphone-App einen Rhythmusstreifen aufzeichnen und auswerten.1 Doch wie zuverlässig können Apple-Watch und Kardia-Band-Algorithmus ein VHF von einem Sinusrhythmus unterscheiden?
Das Wichtigste in Kürze
- Das Kardia-Band ist als spezielles Uhrenarmband zur Apple-Watch erhältlich. Patienten können damit eigenständig einen 30-sekündigen Rhythmusstreifen analog zur Ableitung I im EKG aufzeichnen.
- Dank einer Koppelung mit der Apple-Watch und einer Smartphone-App ermöglicht ein automatischer Detektionsalgorithmus das Erkennen eines Vorhofflimmerns (VHF).
- In einer aktuellen Studie befundete das Kardia-Band mit dem zugehörigen Auswertungsmechanismus zwei Drittel der Rhythmusstreifen mit guter Sensitivität und Spezifität. Bei dem anderen Drittel konnte das Tool keine Diagnose stellen.1
Seit 2017 steht mit dem Kardia-Band von AliveCor erstmals ein von der FDA (U.S. Food and Drug Administration) zugelassenes Zubehör zur Apple-Watch zur Verfügung, das einen 30-sekündigen Rhythmusstreifen einfach und unkompliziert am Handgelenk aufzeichnen kann.1 Die angefertigte Aufnahme entspricht einem Rhythmusstreifen der Ableitung I eines 12-Kanal-EKGs.1 Sowohl das Kardia-Band als auch die Apple-Watch werden per Bluetooth-Funktion mit einer App auf dem Smartphone gekoppelt. Die App verfügt über einen speziellen Detektionsalgorithmus, der ein Vorhofflimmern (VHF) automatisch und unvermittelt diagnostizieren kann. Im Falle eines erkannten VHFs meldet die App dem Patienten die gestellte Diagnose und kann die ermittelten Daten bei Bedarf an den behandelnden Arzt weiterleiten.1 Diese neue Technologie kann – bei richtiger Handhabung – möglicherweise neue Wege in der Versorgung von VHF-Patienten eröffnen.
Studie überprüfte Anwendung in der klinischen Praxis
Eine prospektive klinische Studie untersuchte die Genauigkeit in der Diagnosestellung eines VHFs mithilfe des Kardia-Bands und der Apple-Watch im Vergleich zu einem durch Ärzte interpretierten 12-Kanal-EKG. Die Studie schloss 100 Patienten mit bekanntem VHF und geplanter Kardioversion ein. Jeder Patient erhielt vor und nach der Kardioversion jeweils ein 12-Kanal-EKG und eine Rhythmusauswertung mit dem Kardia-Band-Algorithmus. Das 12-Kanal-EKG wurde von Ärzten befundet und galt als Maßstab für die Genauigkeit des Kardia-Band-Algorithmus. Die Diagnosen, die die Ärzte anhand des 12-Kanal-EKGs stellten, wurden anschließend mit den Ergebnissen des Kardia-Bands bei jedem Patienten vor und nach der Kardioversion verglichen.1 33,7 % der Aufzeichnungen bewertete der Algorithmus aufgrund zu kurzer Aufnahmezeiten, zu niedriger p-Wellen oder verschiedener Artefakte als unklassifizierbar.
Wie sicher ist die Diagnosestellung mit der Smartwatch?
In der Studie konnte das Kardia-Band mit dem zugehörigen Befundungsmechanismus zwei Drittel der aufgezeichneten Rhythmusstreifen auswerten. In diesen Fällen zeigte sich Folgendes:
- Der Kardia-Band-Algorithmus detektierte ein VHF mit 93%iger Sensitivität und einer Spezifität von 97 % (K-Koeffizient: 0,88).
- Der Algorithmus stimmte diagnostisch gut mit den ärztlich befundeten 12-Kanal-EKGs überein.
Die durch den Kardia-Band-Algorithmus nicht klassifizierbaren Rhythmusstreifen wurden anschließend von den Ärzten ausgewertet. Sie konnten – verglichen mit ihrem Ergebnis im 12-Kanal-EKG – mit 100%iger Sensitivität und 80%iger Spezifität die fehlende, richtige Diagnose stellen. Damit ist die diagnostische Aussagekraft des Kardia-Bands mit den Daten verschiedener, implantierbarer Eventrecorder vergleichbar.1
Möglichkeit einer verbesserten Patientenversorgung
Da es sich bei VHF um eine chronische und oft rezidivierende Erkrankung handelt, ist eine kontinuierliche Überwachung der betroffenen Patienten notwendig. Das Kardia-Band ermöglicht den Patienten und deren Ärzten eine nahtlose und unkomplizierte Rhythmuskontrolle zu jeder Tages- und Nachtzeit. So informiert die Smartwatch nicht nur den Patienten selbst über ein eventuell erneut aufgetretenes Vorhofflimmern, sondern sie kann die Information auch direkt an den behandelnden Mediziner weiterleiten.1
Welche Risiken birgt das neue Diagnose-Tool?
Die korrekte EKG-Auswertung anhand des Kardia-Band-Algorithmus setzt die richtige Handhabung durch den Patienten voraus. Artefakte oder Verwacklungen limitieren die Möglichkeiten der Rhythmusaufnahme und deren automatische Befundung.1 Eine gute Instruktion des Patienten und eine anfängliche Überwachung kann Fehlerquellen reduzieren und die Genauigkeit in der Diagnosestellung eines VHFs per Smartwatch verbessern. Möglicherweise kann sich in einem Patientenkollektiv mit einer geringeren VHF-Prävalenz eine Änderung hinsichtlich der Treffsicherheit ergeben.
Fazit
Die Kombination aus Kardia-Band und Apple-Watch kann die Versorgung von Patienten mit chronischen Herzrhythmusstörungen – wie dem VHF – erleichtern und verbessern. Die Studie zeigt jedoch auch, dass hinsichtlich der Anzahl an nicht auswertbaren Aufzeichnungen weiterhin der Bedarf einer Supervision durch die behandelnden Ärzte besteht.
Quellen:
1. Bumgarner JM, Lambert CT, Hussein AA et al. Smartwatch Algorithm for Automated
Detection of Atrial Fibrillation. J Am Coll Cardiol 2018; 71: 2381-2388. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29535065
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