Hemianopsie, Halbseitenneglect, Horner-Syndrom: den Schlaganfall erkennen
Der akute Schlaganfall ist immer ein Notfall und es ist essentiell, die Behandlung schnell einzuleiten. Doch nicht immer entsprechen die Symptome den klassischen neurologischen Ausfallerscheinungen, wie Halbseitenlähmung oder deutlichen Sprechstörungen. Was Sie wissen müssen, um einen Schlaganfall auch bei untypischer Symptomatik zu erkennen, haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Bei Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) ist das Risiko für einen Schlaganfall um das Fünffache erhöht.1, 2 Bei älteren Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (nvVHF) können folgende Faktoren dieThrombenbildung im linken Vorhof begünstigen: 3
- Veränderungen der Gefäßwände (z. B. Erweiterungen des Vorhofs und des Vorhofohrs)
- Zusammensetzung des Blutes (Viskosität, erhöhte Gerinnung)
- Veränderungen im Blutfluss (z. B. reduzierte Flussgeschwindigkeit im linken Vorhof)
Unter welchen Bedingungen sich Thromben schließlich aus dem linken Vorhof lösen und in die Blutbahn eintreten, ist noch nicht bekannt. Schlaganfälle treten dabei zehnmal häufiger auf, als systemische Embolien.3
Dabei gilt:
- 80 % der Schlaganfälle betreffen die vordere Zirkulation (Arteria cerebri media; MCA) und
- 20 % die hintere Zirkulation.3
Eine genaue Erfassung der Symptome des Schlaganfalls kann helfen, die exakte Lokalisation des Embolus oder der Embolien zu ermitteln (siehe Tabelle).3 Dabei ist es wichtig, dass Sie nicht nur die „klassischen“ großen neurologischen Ausfallserscheinungen beachten. Denn je distaler in den Verzweigungen der MCA sich der Embolus befindet, desto geringer können die Symptome ausfallen. So tritt bei einem Mediahauptstammverschluss häufig ein komplettes Mediasyndrom mit armbetonter Hemiparese, Hemihypästhesie und Aphasie auf. Bei einem distaleren Mediaastverschluss hingegen kann auch nur eine isolierte Wernicke-Aphasie auf einen Schlaganfall hinweisen.3
Die folgende Tabelle fasst mögliche Symptome eines Schlaganfalls in Abhängigkeit von der Lokalisation für Sie zusammen (modifiziert nach Lykov 20133):
Was ist zu tun? – Time saves brain4
- Das Wichtigste ist, keine Zeit zu verlieren.
- Schicken Sie lieber einen Patienten zu schnell oder zu viel in eine Klinik mit einer Stroke Unit als einen zu wenig. Im Zweifel zählt jede Minute, die der Patient schneller reperfundiert werden kann.
Extratipp für Ihre Patienten:
Machen Sie Ihre Patienten darauf aufmerksam, dass auch sie oder ihre Angehörigen mit einem einfachen Test rasch und ziemlich sicher erkennen können, ob ein Schlaganfall vorliegt. Die Cincinnati Prehospital Stroke Scale ermöglicht es mit drei simplen Fragen auch Laien, Hinweise auf einen Schlaganfall zu erkennen:5, 6
- Kann die vermeintlich betroffene Person lächeln (kein hängender Mundwinkel)?
- Ist ein gleichzeitiges Heben beider Arme (wobei die Arme nach vorne gestreckt und die Handflächen nach oben gedreht werden müssen) möglich?
- Gelingt das Nachsprechen eines Satzes mit einfachen Worten?
Lautet die Antwort auf mindestens eine dieser Fragen nein, dann sollte eine sofortige Notfalleinweisung (kein Taxi!) in eine Stroke Unit veranlasst werden.
Quellen:
Lykov O., Assessing stroke in patients with atrial fibrillation, An article from the e-journal of the ESC Council for Cardiology Practice, Vol. 11, Nr. 22, Mai 2013. .
https://www.escardio.org/Guidelines-&-Education/Journals-and-publications/ESC-journals-family/E-journal-of-Cardiology-Practice/Volume-11/Assessing-stroke-in-patients-with-atrial-fibrillation, aufgerufen am 09.08.2016.
Haass A, Walter S, Ragoschke-Schumm A et al. „Time is brain“. Optimizing prehospital stroke management. Nervenarzt 2014; 85: 189-194.
Österreichische Apothekerkammer: Cincinnati Prehospital Stroke Scale. Online verfügbar unter: https://www.apotheker.or.at/Internet/OEAK/NewsPresse_1_0_0a.nsf/
agentEmergency!OpenAgent&p=4532C97722DB4C3DC12577C20032936E&fsn=fsStartHomeFachinfo&iif=0. Abgerufen am 30.07.2019.
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